Rezensionen zum Werk

Autor: Dr.h.c. prof. PhDr. Ľ. Petránsky DrSc.

Am Übergang der 40er Und 50er Jahre des 20. Jahrhunderts absolvieren ihr Studium an der Prager Akademie der bildenden Künste auch einige Studierende aus der Slowakei, welche nachfolgend an der Organisation und Prägung unserer Kultur aktiv teilhaben werden. Auf dem Gebiet der Bildhauerei sind es Ján Kulich, Tibor Bártfay, Alfonz Groma, Ladislav Snopek, Alexander Trizuljak und weitere. Ähnlich war es auch in anderen Gebieten der bildenden Künste, obgleich die Bildhauerei den qualitativ wertvollsten Beitrag leistete. Die Prager Akademie der bildenden Künste lieferte in dieser Zeit somit, in Worten von Jiri Kotalik, richtungsweisende Impulse zum schöpferischen Wirken der slowakischen Kunst und wurde sich zugleich der Aufgabe und Bedeutung der akademischen Bildung für unser kulturelles und gesellschaftliches Leben im weitesten Sinne bewusst. Nicht zufällig trug sie in dieser Zeit zur Qualitätssteigerung der Restaurierungstätigkeit in der Slowakei bei.

Aus diesem Umfeld stammen Absolventinnen, die sich in den darauffolgenden Jahren an dem Ausbau dieses wichtigen Gebietes bedeutend beteiligen werden. Zu denen gehört auch der akademische Maler Ondrej IVAN, der im Jahr 1951 die Ausbildung im Restaurierungsatelier der Prager Akademie der bildenden Künste beim Professor Bohuslav Slansky erfolgreich absolviert (Prof. B. Slansky leitete dieses Atelier in Jahren 1947-1970). Hier konnte er die grundlegenden und einzigartigen Kenntnisse nicht nur über den Sinn der eigentlichen Tätigkeit, vielmehr auch über die modernen Verfahren zur Erhaltung von Kultur- und vor allem Kunstartefakten gewinnen. Er wurde sich dessen bewusst, dass die Erhaltung der Werte unserer Vergangenheit nicht nur ein bloßes Konservieren dokumentierender Elemente bedeutet. Es geht gleichzeitig um das Verstehen und Begreifen der ästhetischen Qualitäten und der bild-gestalterischen Wirkung. Nur in Form der Synthese all dieser Aspekte ist es überhaupt möglich, diesen einmaligen Reichtum der Vergangenheit den folgenden Generationen weiterzugeben. Um diese o.g. bildende sowie wissenschafts-und forschungsbasierte Disziplin zu bewältigen, ist es notwendig, auch die vielfältigen technologischen Prozesse zu beherrschen. Auch hier kann Ondrej IVAN auf gute Grundlagen zurückgreifen. Er eignete sich diese schließlich bereits während seiner ersten Ausbildung an der chemischen Fachschule in Svit (1940-1944) an.

Bevor ich zu einigen Leistungen der Restaurierungstätigkeit von Ondrej IVAN komme, die unbestritten den Kern seines Werkes bildet, möchte ich noch auf einige weitere Aspekte hinweisen, die in bedeutender Weise das Profil seiner Wirkung vervollständigen. Im Laufe seines Studiums an der Prager Akademie erlangte der junge Künstler ebenfalls weitreichende Kenntnisse über die Geschichte und Theorie bildender Malkunst. Die Vorlesungen von V.V. Stech (dieser wirkte an der Akademie in Jahren 1930-1958) hatten einen bedeutenden Einfluss auf die ästhetische Orientierung, auf die komplexe Analyse von Monumenten, aber auch auf das eigentliche menschliche Profil von Ondrej IVAN. In ähnlicher Weise erhöhten auch seine Studienmodule in den Ateliers von Prof. Vratislav Nechleba und Jan Zelibsky die Qualität seiner weiteren Schöpfung. Es war gewiss kein Zufall, dass er bereits im Jahr 1950 im Rahmen der Ausstellung von Studierenden der Akademie in der namhaften Prager Galerie Mánes den ersten Preis in Kategorie der Restaurierung erhielt. Im Laufe seiner Ausbildung fertigte er auch mehrere bewundernswerte Kopien hervorragender Werke der Weltkultur an: gotische Tafelgemälde sowie Bilder von Vecellio Tizian, Peter Paul Rubens, Rembrandt van Rijn, Jacob van Ruisdael und weitere. Die erwähnte Qualität seiner Arbeit basiert auch an der guten zeichnerischen Vorbereitung, mithilfe deren Ondrej IVAN die Beziehung zum Motiv oder einem bestimmten Objekt vertiefen konnte. Die konkreten Produkte seiner Arbeit als Restaurator stehen vor allem in Verbindung mit seiner Wirkung an der Slowakischen Nationalgalerie in Bratislava, Ostslowakischen Galerie in Kosice und Regionalgalerie P.M. Bohuna in Liptovsky Mikulas. In diesen Institutionen restaurierte er mit einem besonderen Feingefühl eine Reihe von mittelalterlichen Werken, europäische Renaissance- und Barockkunst sowie einige Werke der slowakischen Malerei des 18. Jahrhunderts. Bei seiner eifrigen Arbeit hat er stets seine Stärken bewiesen: auf besonders gelingender Weise brachte er technisch-handwerkliche Aspekte mit ästhetisch-bildenden Qualitäten, kulturhistorischem Weitblick und dem eigenen künstlerischen Talent in Einklang.

Neben der Restaurierungstätigkeit widmet sich Ondrej IVAN auch der eigenen Malerei und Zeichnung. Ein bedeutender Teil dieses Wirkungsbereiches ist dennoch eng verwoben mit der Restaurierung. Somit überprüft er in eigenen Gemälden und Zeichnungen bestimmte malerische Vorgehensweisen, Gesetze der Komposition wie auch Prinzipen der Zeichnung. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, auch diesen Wirkungsbereich zu analysieren und zu interpretieren. Gleichzeitig entstehen hier auch Arbeiten, welche eine freie und unkonventionelle Prägung tragen; insb. hinsichtlich der Abbildung bestimmter thematischer Bereiche. Hier denken wir vor allem an seine innige Bindung zu seiner Heimatregion, der Hohen Tatra. Dies insbesondere in Fällen, in denen er sich von den äußerlichen Merkmalen des jeweiligen Motivs entfernen konnte und zur Erkenntnisdertieferen, inneren Gesetzlichkeiten übergegangen ist. Und gerade hier kommt auch die spontane, dynamische Handschrift des Künstlers zur Geltung; im Einklang mit der gekonnten Farbauswahl und dem inneren zeichnerischen Regelwerk. Diese Feststellung gilt gleichermaßen auf für einige seiner Portraitwerke, in denen es ihm gelungen ist, die Psyche der jeweiligen Persönlichkeit festzuhalten.

Ondrej IVAN beteiligt sich tatkräftig an der Entwicklung und Prägung unserer bildenden Kultur nicht nur in Form seiner Aktivitäten in Bereichen der Restaurierung, Malerei und Zeichnungen. Wir müssen gesondert auch sein einschlägiges Wirken in den verschiedensten Organisationen des Kulturlebens sowie seine aktive Mitgliedschaft in bedeutenden kunstbezogenen Fachkommissionen aufzeigen. Besonders herausragend sind auch seine Aktivitäten als Leiter der Regionalgalerie P.M. Bohuna in Liptovsky Mikulas. Er und sein Team konnten die dortige Kunstsammlung fundiert ausbauen, das Ausstellungsprogramm kreativ gestalten – und dies im Geiste unserer Kulturpolitik. Nicht zuletzt trug Ondrej IVAN maßgeblich zur Vertiefung der brüderlichen Partnerschaft mit dem tschechischen Volk bei. All diese erwähnten Facetten vervollständigen das Profil von Ondrej IVAN, seine gesellschaftliche und bildende Aktivität sowie seine menschliche und künstlerische Bescheidenheit. Und auch in dieser Hinsicht ist er ein Vorbild für jüngere Generationen.